Deshalb kam es überhaupt zum Schwabenkrieg (auf deutscher Seite sagt man Schweizerkrieg):
Der Dorfhistoriker und ehemalige Gemeindepräsident August Mayer beschreibt den Überfall auf Ermatingen ausführlich:
Nun wartete 1499 der härteste Schlag, den der Ort seit Jahrhunderten, vielleicht jemals, erlitten hat.
Nach den erfolglosen Bestreben des Kaisers Maximilian auf dem Reichstage zu Linda, 1490, die Eidgenossen wieder in den alten Reichsverband zurückzubringen, sollte sie ein gleichzeitiger Angriff von drei Seiten her, vom Sundgau, Vorarlberg und von Konstanz aus zur Nachgiebigkeit zwingen.
Erst im Frühjahr 1499 sammelten sich indessen die Reichsheere.
Mittlerweile waren aber die Eidgenossen namentlich der Sammlung bei Konstanz, meist Hegauer Ritterschaft und Mannschaft der Reichsstädte, aufmerksam gefolgt; in Hohn- und Trotzreden es allen zuvorthuend, liess dieselbe mutmassen, dass von da her der Hauptangriff zu gewärtigen sei; ein verschanztes Lager im Schwaderlob sollte deshalb den Weg von Konstanz nach Zürich verlegen.
Der erste kriegerische Vorstoss von Konstanz aus fand am 10. März statt. Die bei Tägerweilen stehenden Vorwachen der Eidgenossen wurden mit einem Verluste von 30 Mann zurückgeworfen, und ungeachtet der vom Bischof von Konstanz verheissenen Neutralität sein Schloss zu Gottlieben und in der folgenden Nacht auch die Insel Reichenau von den Bündischen besetzt. Die Eidgenossen erwiderten mit der sofortigen Verbrennung des bischöflichen Schlosses zu Kastel.
Anfang Aprils betrug die Gesamtstärke des eidgenössischen Zusatzes in Ermatingen etwa 400 Mann, aber in der Mehrzahl mangelhaft, meist nur mit Spiessen und Handbüchsen bewaffnet.
Am Abend des 10. Aprils bekam Hauptmann Blunschli von unbekannter Hand die Warnung, sich auf einen Überfall gefasst zu machen; er schenkte indessen derselben keinen Glauben; möglich, dass er der Meinung war, es sei wieder nur eine der gewohnten Neckereien, da auch im Schwaderloh kein feindlicher Angriff gewärtigt werde, bevor der längst auf dem
Kriegsschauplatze erwartete Kaiser aus den Niederlanden eintreffe.
Auch die ihm Untergebenen teilten in der Mehrzahl seine Sorglosigkeit, und die Bedenken einzelner, welche Vorsicht empfahlen, brachte die spöttische Abfertigung Blunschis zum Schweigen, dass, wer sich fürchte, seinetwegen den Harnisch ins Bett anlegen möge.
Die Ruhe des gewöhnlichen Dorflebens lag daher über Ermatingen, als am Morgen des 11. Aprils um Tagesanbruch das schwäbische Bundesheer mit 15 schweren Geschützen von Konstanz auszog.
Vorsichtig waren zur Vermeidung von starkem Geräusch die Fallbrücken an den Toren mit Mist überlegt worden.
Während diese, ohne von Vorwachen aufgehalten, bis Ermatingen vorrückten, setzte Graf Niklas von Salm mit einer andern, nächtlicherweise auf der Reichenau zusammengezogenen Abtheilung über den See und liess theils vom Staad aus angreifen, theils gegen die in Mannenbach liegenden
Luzerner vorgehen, um ihre Vereinigung mit den Ermatingern zu verhindern.
Der fast gleichzeitige Angriff vom Oberdorf und vom Staad her überraschte die Besatzung von Ermatingen in vollständigster Sorglosigkeit; meist noch im Bette liegend, wurde Hauptmann Blunschi und mit ihm bei 73 Mann beim ersten Anlauf und fast ohne Gegenwehr erstochen; allenthalben gestaltete es sich zur blossen Metzelei, je nachdem der Zufall Gruppen zusammenführte. Viele liefen ohne Schuhe und ohne Waffen, kaum nothdürftig bekleidet, in planloser Flucht davon; einige sammelten sich in der allgemeinen Verwirrung auf dem Kirchhof und kämpften eine Zeit lang hinter den Mauern desselben und vom Kirchthurm aus, reizten aber damit mehr die Mordlust des überlegenen Gegners, als dass ihr Widerstand noch nützen konnte, und bald genug zeigte sich auch hier, dass das Überleben nur noch von der Möglichkeit abhänge, sich gegen das Hard durchschlagen zu können, dem einzigen Weg, durch Flucht nach dem Wald und den Schluchten des Bergabhanges der zahlreichen feindlichen Reiterei zu entrinnen; es ist darum auch die Gegend um Hard der Platz, wo zuletzt noch am blutigsten gekämpft wurde, da der Feind, dessen gewahr, sofort überall auf die Flüchtigen gehen liess.
Eine Anzahl von ihnen zog sich hiebei in den Thurm beim Hard zurück und wurde, da ihre Verfolger denselben mit Stücken zusammenschössen, unter den Trümmern lebendig begraben.
Damit war jeder ernstliche Widerstand erloschen; einer Verfolgung der Flüchtigen enthielten sich die Sieger.
Die Flammen der drei brennenden Ortschaften leuchteten so fürchterlich, dass man sich am Obersee sagte, der ganze untere Thurgau müsse im Feuer stehen.
Von den Bürgern waren viele in die Kirche geflüchtet in der Hoffnung, dass diese nach Kriegsgebrauch ein Asyl sein werde; aber auch die geheiligte Stätte sicherte nicht vor der alles durchforschenden Raubsucht, und es wurde dort alles, mas sich an Heiligthümern, Gotteszierde, Messgewändern, Kreuzen und andern Kostbarkeiten vorfand, namentlich sieben wertvolle Kelche, dem plündernden Feinde zur Beute.
Übermüthiger Siegestaumel kannte keine Grenze, und Hass gegen alles, was Schweizer hiess, auch dort weder Barmherzigkeit noch Schonung; schwangern Frauen wurden unter unflätigen Reden mit der Drohung, die Kinder gleich im Mutterleibe zu erwürgen, Hellebarden und Degen an den Leib gesetzt.
Jauchzend ritt Burkhart von Randegg in der Kirche umher, erstach einen siebziggjährigen blatternlahmen Greis, der, vor dem Altare liegend, mit aufgehobenen Händen um Erbarmen
flehte, und höhnte die Jammernden mit der Lästerung, heute wolle er einmal im Thurgau brennen, dass Gott selbst im Regenbogen vor Rauch und Hitze blinzen und die Füsse an sich ziehen müsse.
Als die Zerstörungswut endlich abnahm und, was zu plündern war, so ziemlich seinen Mann gefunden hatte, sammelten die Führer am Nachmittag mühsam ihre Scharen wieder; aber der bisherige Erfolg hatte Ordnung und Gehorsam unter ihnen gelöst: da half kein Bitten noch Befehlen; jeder folgte seinem eigenen Willen.
Also waren ihrer viel, die hatten Kisten gefegt; der etlichen führten Korn, Win, Bettgewand und allerlei Hausrath mit sich, trangent ihrer viel Kessi, Häfen und Pfannen an ihrem Gewehr, die alle wieder gen Konstanz ritten.
Die hochgradige Aufregung, in welche man sich allmalig hineingestritten hatte, verlief sich in einen allgemeinen Rückzug nach Konstanz, und der unter so günstigen Erfolgen begonnene Tag endigte mit der Niederlage des schwäbischen Bundesheeres, die unter dem unzutreffenden Namen „Schlacht im Schwaderloh" von der Schulbank her bekannt ist, in Wirklichkeit aber
in den Feldern oberhalb von Triboltingen, in der Schrägenhurtzelg, stattgefunden hat, und mit dem Verluste von minbestens 2000 Mann an Toten, dabei mehr als 130 Konstanzer Bürgern, sämtlichem mitgeführten Geschütz und allem Raub des heutigen Tages, worunter allein zehn Wagen mit Wein und mehrere Wagen mit Getreide beladen.
Was das Verbrennen des Ortes bei dem Überfall anbelangt, so ist aus späteren Urkunden zu schliessen, dass es wohl nur das Oberdorf, mehrtheils die Häuser um die Kirche herum
und gegen das Hard zu, betroffen haben mag, und dass weniger dabei der Stand gelitten zu haben scheint. Von der Kirche soll nur das Langhaus verbrannt, Chor und Thurm dagegen stehen geblieben sein.
Die Toten wurden in der Nähe der Hardmühle begraben, wo mehrfach eine Menge Gebeine angetroffen worden sind.
Nachdem die deutschen Landsknechte Ermatingen geplündert und in Brand gesteckt hatten, wollen sie vorerst (überhaupt nicht mehr nüchtern...) ihre erbeuteten Schätze nach Konstanz in Sicherheit bringen.
Auf diesem Rückweg erfolgte der überraschende Angriff der Eidgenossen, die in Schwaderloh stationiert gewesen waren, bei Triboltingen und Tägerwilen.
Die deutschen Landsknechte wurden bis vor die Tore von Konstanz resp. bis zum Rhein verfolgt.
Die über 1'000 Leichen, die im Tägermoos auf offenem Felde verwesten, dürften den wenigen überlebenden Ermatingern ein schwacher Trost gewesen sein...
Nach dem Schwabenkrieg verlor Konstanz das Landgericht über den Thurgau, aber auch seine Unabhängigkeit als freie Reichsstadt und wurde Österreich, das zum Deutschen Reich gehörte, eingegliedert.
In dieser Zeit entstand also die "Grenze" zwischen der Eidgenossenschaft und Schwaben - leider mit Konstanz auf der "falschen" Seite...
Diese Erzählung über das tapfere Thurgauer Meitli, das am Schützenhaus Neuwilen abgebildet ist (wo damals die Eidgenossen gelagert hatten), sollten Sie noch kennen: