Bis Ende des 19. Jahrhunderts führten die wichtigsten Verkehrs- und Transportwege nicht übers Land, sondern übers Wasser.
Das verbreitetste Transportschiff war die Lädine (vom mhdt. "Lede" = Last), kleinere Schiffe nannte man Segner oder Segmer..
Bemannt waren die Lädinen neben dem Schiffsmeister mit drei bis acht Knechten, die das Schiff mit langen Rudern oder Stangen vorwärtsbewegen mussten, wenn man nicht segeln konnte.
Gegen den Wind kreuzen konnten sie ohne Kiel nicht. Im "Querverkehr" blieben die Lädinen bei ungünstigem Wind oft tagelang liegen.
Es war ein raues Leben auf dem Schiff: sommers wie winters war man dem Wetter ausgesetzt, geschlafen wurde gleich auf der Ladung oder auf dem Boden, die Verpflegung musste im "Brotsack" selbst mitgenommen werden.
Der Besatzung stand aber bei den häufigen Weintransporten immer ein gewisser Anteil zu: zuweilen durfte bis zu einem Zehntel (!) des transportierten Weines unterwegs getrunken werden:
"Die möglichen Dimensionen dieser Form von Alkoholismus mag man sich am besten anhand der zugelassenen Trinkmengen vor Augen führen. Die Konstanzer Ordnung von 1582 gestattete der Besatzung, je nach Distanz ein bis zwei Viertel pro Fuder Weinladung zu trinken, das heisst 2,4 bis 4,8 Liter. Verteilt auf sechs Schiffsleute, erscheint das sehr mässig. Bei einer Volllast aber von 50 Fuder Wein standen 120 bis 240 Liter Wein zur Verfügung. Auch wenn eine Fahrt von Schaffhausen nach Lindau einige Tage dauern konnte, mochten 40 Liter Wein gut hinreichen und verhindern, dass so ein Schiffsmann jemals nüchtern wurde.
Zugunsten der Schiffsleute und einer weniger legendären Vorstellung von ihrem Alltag bleibt allerdings zu sagen, dass sie den ihnen zustehenden Wein nicht selten verkauft oder gegen andere Waren eingetauscht haben."
K. Burmeister, "vom Lastschiff zum Lustschiff"
A. Meyer schreibt über die Ermatinger Schiffsleute:
Aber nicht nur als Fischer, auch als besonders kundige und zuverlässige Schiffleute standen die Ermatinger in der ganzen Seegegend in vorzüglichem Ruf, und die günstigen örtlichen Verhältnisse für den Frachtverkehr brachten guten Verdienst, wobei indessen die harte Arbeit nicht immer ein Sporn zur Häuslichkeit gewesen zu sein scheint.
Vorzüglich hob sich als Erwerbsmittel neben der Fischerei die Schiffsfahrt ab, indem Ermatingen wegen seiner günstigen örtlichen Verhältnisse immer stärker als Landungsplatz für den Korn- und Güterverkehr zur Geltung kam.
Die Wirtschaften vom Staad und die Schiffsleute scheinen nach den Strafprotokollen gute Tage gehabt zu haben.
Vergleichen Sie nun einmal diese beiden Gemälde vom Schloss Arenenberg:
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Lädinen von den Dampfschiffen abgelöst (Königin Hortense war im Gründungskomitee der Dampfschifffahrtsgesellschaft) - was viele Schiffsleute in der Folge um ihr Einkommen brachte.
Da nützte auch die Petition der Bodensee-Schiffsleute von 1832 an den Kantonsrat nichts, so gut wir sie auch verstehen...
Herr Präsident!
Herren Kantonsräte!
Diese Dampfschifffahrt droht nun denjenigen, die bis anhin den Beruf der Schifffahrt auf dem Bodensee betrieben haben, nach und nach allen Erwerb zu entziehen. So mancher Hausvater, des-sen Erwerb in der Schifffahrt bestand, wird hierdurch brotlos, während Fremdlinge sich einen Verdienst aneignen, der seit Jahrhunderten das Eigentum unserer Vorfahren war ...
... denn die ökonomische Existenz einer grossen Zahl thurgauischer Familien ist auf dem Spiele; und führwahr! diese muss höher stehen als das Interesse speculativer grössentheils auswärtiger Actionairs.
Na ja, die Passagierschifffahrt hielt sich (zumeist...) erfolgreicher als die Lastschifffahrt:
So weit ist es dann allerdings doch nicht gekommen:
Das obige Zitat stammt vom Landvogt aus dem Jahre 1713; noch 1889 schrieb der Historiker J.A.Pupikofer in seiner "Geschichte des Thurgaus":
"Es bestanden überhaupt keine eigentlichen Strassenzüge, sondern nur aneinander hängende Bruchstücke von Saumwegen und Fahrsträsschen, die von Dorf zu Dorf sich fortschleppten, und deren Hauptrichtung hin und wieder durch eine Hohlgasse, eine Bachrunse oder durch einen Knüppeldamm gekennzeichnet war... Zu Lande waren lauter Hohlwege, und auch durch die Dörfer hindurch konnte man die Strasse von den Düngerstätten kaum unterscheiden."
A. Meyer: In der Tat, wie wenig Zuspruch und Strafandrohung Nachachtung fanden, selbst als 1742 auch der Landvogt Weisung zugehen liess, die Strassen zu verbessern, da Klage einlief, dass sie in Ermatingen und Triboltingen fast ungangbar seien; es blieb beim Alten.
Noch 1834 waren der Staad und das Oberdorf zwei fast gänzlich getrennte Ortsteile:
P. Erni:
Um 1800 war Ermatingen noch immer deutlich zweigeteilt in die Siedlungsteile Staad und Dorf. Die Häuser im Staad reihten sich entlang des nördlichen Ufersaums, diejenigen des Dorfes entlang der heutigen Kehlhofstrasse bis zum Spatzenhof. Wichtigste Ost-West-Verbindung war noch nicht die heutige Hauptstrasse, sondern die "alte Landstrasse", die auf der Linie der heutigen Kehlhofstrasse-Poststrasse-Bahnhofstrasse nach Triboltingen führte.
Den neuen Bahnhof baute man wegen des Funkenwurfs der Dampflokomotiven ausserhalb des Dorfes. Erst später kamen die umliegenden Gebäude dazu.
Die Station "Kreuzlingen" gab es damals noch gar nicht.
Beim Aushub für das Bahntrassee war man übrigens auf das Gräberfeld der ersten Ermatinger Siedler gestossen:
In der Zeit der grossen Eisenbahn-Euphorie wurde viel geplant, aber nach der Ernüchterung mit dem Konkurs der Nationalbahn doch nicht alles gebaut - zum Beispiel die Bahnlinie von Ermatingen nach Weinfelden:
Heute verkehrt das Postauto auf dieser Linie, wenn auch nicht durch einen Kehrtunnel:
Heute werden die Waren anders transportiert. Einige Gleisanschlüsse werden wieder rückgebaut wie bei der Dosi oder der Mowag.
Andere werden als als Übernachtungsparkplatz für ausländische Lastwagen zweckentfremdet...